Wladimir Klitschko tritt am Samstag in Düsseldorf gegen Eddie Chambers an um seine Vormachtstellung im Schwergewicht unter Beweis zu stellen. Rund um die Welt gibt es außerdem interessante Kämpfe von Welter- bis Schwergewicht…
Wladimir Klitschko – Eddie Chambers
Fünf Tage vor seinem vierunddreißigsten Geburtstag verteidigt Wladimir Klitschko seine IBF- und WBO-Gürtel im Schwergewicht gegen den Amerikaner Eddie Chambers. Am Samstagabend kommt es in Düsseldorf zum heiß erwarteten Showdown.
Wladimir Klitschko hat im Grunde, mit Ausnahme seines Bruders Vitali und von David Haye, die gesamte Schwergewichtsszene in den letzten Jahren aufgeräumt, und legitime Herausforderer sind in der dünn besetzten Königsklasse schwer zu finden. Der 27-jährige US-Amerikaner Eddie Chambers ist aber auf jeden Fall Einer. In 36 Kämpfen unterlag Chambers nur einmal, und das vor zwei Jahren Alexander Povetkin, der, immer noch ungeschlagen, ebenfalls das Recht besitzt Wladimir Klitschko herauszufordern. Dem Russen unterlag er recht klar nach Punkten, doch seitdem hat sich „Fast“ Eddie verbessert gezeigt und zum besten amerikanischen Schwergewichtler derzeit gemausert. Besonders sein Sieg zuletzt gegen den bis dahin noch ungeschlagenen Alexander Dimitrenko bestätigte Chambers starke Form. Zwar sah einer der Punktrichter den Kampf unentschieden, doch knapp war das Duell der beiden keinesfalls. Chambers war überraschend klar überlegen und krönte seine Leistung mit einem Niederschlag in der zehnten Runde. Auch in der letzten Runde hatte er Dimitrenko auf wackligen Beinen und bewies so, dass er trotz seiner eher schwachen KO-Quote durchaus zulangen kann.
Zweifellos ist er jedoch an Schlagkraft Wladimir Klitschko unterlegen. Seit seinem zweiten Titelgewinn 2006 gegen Chris Byrd stoppte er sieben von acht Gegnern vorzeitig. Lediglich Sultan Ibragimov, der einen völlig risikofreien Kampf boxte und so für einen der langweiligsten Kämpfe der letzten Jahre sorgte, ging mit ihm die Distanz. Sein cleverer Boxstil, seine physische Überlegenheit gegenüber den meisten seiner Gegner, seine Präzision, sein harter Jab und seine schwere rechte Gerade ließen seinen Gegner zuletzt meist nicht den Hauch einer Chance. Es ist frustrierend schwer Wladimir Klitschko klar zu treffen, so dass seine wohl größte Schwäche, das fragwürdige Kinn, kaum eine Rolle spielt. Seine Reichweite von 2,06 Meter – 15 Zentimeter mehr als Chambers – nutzt Wladimir äußerst geschickt aus. Er bestraft jeden Versuch seines Gegners in Schlagweite zu kommen mit hammerharten linken Jabs. Die rechte Gerade bringt Wladimir eher selten, aber dann mit umso verheerenderer Wirkung.
Es ist schwer gegen diesen unter Trainer Emmanuel Stewart perfektionierten Stil ein Rezept zu finden, doch es scheint klar zu sein, dass schnelle Hände einen wichtigen Teil dafür darstellen müssten. Und genau da kommt „Fast“ Eddie Chambers ins Spiel, dessen Spitzname bereits seine Schnelligkeit andeutet. Doch Schnelligkeit alleine wird nicht reichen. Um auf dem Weg in die Halbdistanz nicht ständig hart abgekontert zu werden und so mit Sicherheit zermürbt zu werden, ist es wichtig, dass Chambers sich beweglich im Oberkörper präsentiert und mit guten Kopfbewegungen den eisenharten Jabs von Wladimir entgeht. Gelingt es ihm auf diese Art und Weise immer wieder nahe genug an Wladimir Klitschko heran zu kommen um seine flinken Hände ins Ziel zu bringen, hat er eine Chance gegen den Weltmeister.
Doch Wladimir Klitschko muss auf jeden Fall als deutlicher Favorit gelten. Ich kann mir vorstellen, dass Eddie Chambers mehr Erfolg haben wird als Chagaev oder Rahman zuletzt, doch im Endeffekt ist Wladimir Klitschko ihm in beinahe allen Bereichen zu überlegen, als dass er Chambers unterliegen würde. Vor allem anfangs sollte Eddie Chambers die Chance haben Wladimir mit seiner Schnelligkeit zu überraschen und vielleicht ein paar Runden zu gewinnen. Doch es sollte nicht lange dauern bis der ukrainische Weltmeister sich auf seinen Herausforderer einstellt und das Timing der Konter adjustiert. Sobald Wladimir Klitschko Chambers mit den Jabs abfangen kann, wenn dieser versucht heranzukommen, bleibt eigentlich nur die Frage, ob Chambers es über die Distanz schafft oder ob Klitschko ihn zermürbt und stoppt. Denn obwohl Wladimirs Kinn seine große Schwachstelle ist, halte ich es für doch eher unwahrscheinlich, dass Chambers dazu in der Lage ist Klitschko mit einem Schlag KO zu schlagen.
Ich gehe fest davon aus, dass Wladimir Klitschko den Kampf gewinnt, entweder recht deutlich nach Punkten oder vorzeitig. Das hängt vor allem davon ab, inwiefern Eddie Chambers weiter seine Chancen sucht nachdem er das erste Mal einen guten Treffer wegstecken musste. Versucht er es weiter offensiv, wird Wladimir ihn wohl stoppen, verlegt er sich hingegen darauf den Kampf möglichst unbeschadet zu überstehen wie es Sultan Ibragimov tat, könnte er es über die Runden schaffen. Jedenfalls schreibe ich Eddie Chambers nur geringe Außenseiterchancen zu gewinnen zu.
Deandre Latimore – Sechew Powell II
In Oklahoma kommt es am Freitagabend zu einem spannenden Rückkampf im Halbmittelgewicht. Deandre Latimore und Sechew Powell kämpfen um das Recht im nächsten Kampf um den IBF-Titel boxen zu dürfen.
Powell und Latimore trafen bereits einmal im Juni 2008 aufeinander. Der Sieger durch TKO in der siebten Runde hieß damals überraschend Deandre Latimore. Sechew Powell war in den Kampf als klar Favorit gegangen, doch nach sechs ausgeglichenen Runden ließ er sich von Latimore beeindrucken und dieser setzte nach, als er merkte, dass Powell angeschlagen war, bis der Ringrichter den Kampf abbrach. Direkt danach boxte Latimore um den Titel gegen Cory Spinks und verlor sehr knapp nach Punkten. Mit einem erneuten Sieg gegen Powell würde er sich einen weiteren Titelkampf gegen Cory Spinks, der immer noch IBF-Weltmeister ist, sichern. Powell hingegen stünde das erste Mal in einem Titelkampf sollte er am Freitag gewinnen, obwohl von ihm im Gegensatz zu Deandre Latimore von Anfang an erwartet wurde, dass er es zu einem Titelkampf, wenn nicht sogar zu einem Weltmeister bringen würde.
Der Kampf sollte sich ähnlich entfalten wie ihr erstes Aufeinandertreffen. Latimore, der der physisch Stärkere der beiden ist, sollte Druck machen, während der boxerisch etwas überlegene Powell versuchen dürfte den anstürmenden Latimore abzukontern. Obwohl Latimore beim ersten Mal gewann, ist das Ergebnis des Rückkampfes alles andere als klar. Powell hat das Zeug dazu Latimore auszuboxen und im ersten Kampf schien er den damals unbekannten Gegner zu unterschätzen und auf die leichte Schulter zu nehmen. Am kommenden Freitag dürfte das anders sein.
Trotzdem würde ich Deandre Latimore leicht favorisieren. Powell scheint einer jener Boxer zu sein, die bei jeder großen Gelegenheit etwas hinter den Erwartungen zurück bleiben. Ich denke, dass er einen guten Start erwischen wird und mit seinen boxerischen Fähigkeiten Latimore anfangs vor Probleme stellen wird, aber nach einigen Runden wegen des Drucks, den Latimore ausübt, einbrechen wird. Latimore scheint der sowohl physisch als auch psychisch Stärkere zu sein und wird nach seiner guten Vorstellung gegen Cory Spinks vor Selbstvertrauen strotzen. Ich rechne damit, dass er Powell gegen Ende stoppt oder hinten heraus nach Punkten gewinnt.
Jackson Osei Bonsu – Randall Bailey
Nicht oft finden hochklassige interessante Kämpfe in Belgien statt, doch der Kampf zwischen Jackson Osei Bonsu und Randall Bailey, der Freitag in Antwerpen auf dem Programm steht, verspricht ein Kracher zu werden. Die beiden Weltergewichtler boxen in einem Eliminator der IBF, deren Weltmeister der eher unbekannte Jan Zaveck ist.
Besonders interessant ist der Kampf vor allem, da sich beide Boxer in einer Beziehung stark ähneln: Beide sind sehr gute Puncher, haben aber eher schwache Nehmerfähigkeiten. Es scheint fast schon vorprogrammiert, dass der Kampf nicht über die Runden geht. Bonsu verlor in seinem letzten größeren Kampf in neun Runden gegen Selcuk Aydin, Bailey ließ sich im Titelkampf von Juan Urango in 11 Runden ausknocken, nachdem er Urango in der Sechsten selbst am Boden gehabt hatte. Beide Boxer haben seitdem einen Aufbaukampf gewonnen.
Bailey muss wohl als größerer Puncher der beiden gelten. Er ist wohl, relativ zur Gewichtsklasse gesehen, einer der größten Puncher im gesamten Boxsport derzeit. Er ist allerdings auch manchmal etwas zu ökonomisch mit seinen Schlägen und verliert Runden wegen Inaktivität. Bonsu ist hingegen deutlich aktiver und boxt etwas unorthodox, was es den Gegnern nicht immer einfach macht. Er scheint mir noch mehr Probleme als Bailey damit zu haben Schläge zu kassieren.
Der Kampf ist eigentlich ziemlich ausgeglichen und alles kann passieren, aber da Bailey härter schlägt und mir auch das etwas bessere Kinn zu haben scheint, tendiere ich zu einem KO-Sieg für ihn. Mich würde es allerdings nicht wundern, wenn beide Boxer im Verlauf des Kampfes zu Boden müssen.
Hassan N’Dam N’Jikam – Elvin Ayala
Das vielleicht am meisten versprechende Mittelgewichtstalent derzeit, Hassan N’Dam N’Jikam macht am Samstag in Frankreich einen Schritt nach oben in seiner Gegnerschaft und tritt gegen Elvin Ayala in den Ring.
N’Dam N’Jikam ist in 22 Profikämpfen ungeschlagen und gewann 15 davon vorzeitig. Er ist technisch recht sauber, hat mehr als ordentliche Schlagkraft und recht schnelle Hände. Unter vielen Experten und Fans wird er als potentieller zukünftiger Weltmeister gehandelt. Sein Gegner Elvin Ayala ist wohl am bekanntesten aus seinem Kampf mit Arthur Abraham, in dem er 12 Runden couragiert durchhielt, bevor Abraham ihn KO schlug. Zuletzt unterlag er Lajuan Simon klar nach Punkten. Er ist ein echter Fighter, der nicht aufsteckt, aber wenig Schlagkraft besitzt. Boxerisch ist er nicht unbedingt schlecht, aber schon limitiert.
Auch wenn es N’Jikams schwerster Test bisher werden könnte, müsste er eigentlich klar gewinnen. Er scheint Ayala in allen Bereichen außer der Erfahrung überlegen zu sein und ich denke, dass er ihn in den hinteren Runden KO schlagen wird.
Odlanier Solis – Carl Davis Drumond
Schwergewichtshoffnung Odlanier Solis boxt am Samstag in Key West gegen Carl Davis Drumond, der in seinen letzten zwei Kämpfen seine einzigen beiden Niederlagen hinnehmen musste. Zuerst unterlag er dem damaligen Weltmeister Ruslan Chagaev, daraufhin Derric Rossy. Der ehemalige kubanische Amateurstar Solis ist hingegen noch ungeschlagen im Profibereich, und wird trotz seiner mangelnden Fitness weiterhin als zukünftiger Gegner der Klitschkos gehandelt. Es bleibt abzuwarten, mit wieviel Kilos auf den Rippen der 1,87m große Solis am Samstag in den Ring steigt, doch auch mit Rettungsring um den Bauch sollte sein Talent und seine technische Klasse dazu reichen Drumond zu schlagen, auch wenn dieser gegen Ruslan Chagaev keinen schlechten Eindruck machte. Es könnte zwar eng nach Punkten werden, wenn Solis in schlechter Verfassung auftaucht, da Drumond wohl nicht leicht auszuknocken ist, aber am Ende glaube ich an einen verdienten Punktsieg für den Kubaner.
Benjamin Antemann kann unter benjamin@boxen.de erreicht werden.