Insgesamt ist es in der letzten Zeit ein wenig leiser um die kubanischen Profitalente geworden. Odlanier Solis und Yordanis Despaigne mussten erste Niederlagen hinnehmen, Erislandy Lara ist seit zwei Kämpfen offiziell ohne Sieg, auch wenn er gegen Paul Williams klar um den Sieg betrogen wurde, und steht noch ohne Titel da. Guillermo Rigondeaux hat sich zwar bereits einen Interimstitel gesichert, und hat in einer Woche den größten Profikampf seiner Karriere, doch auch der Hype um ihn ist ein wenig verflogen. Lediglich Yuriorkis Gamboa hält die kubanische Flagge im bezahlten Boxsport so richtig hoch als klare ungeschlagene Nummer Eins im Federgewicht mit zwei Titeln. Verglichen mit vielen seiner Landsleute ist Yordenis Ugas im Profibereich ziemlich unter dem Radar der Boxfans geflogen und dort seine ersten zehn Profikämpfe gewonnen. Der Weltergewichtler will am Freitag ein bisschen Eigenwerbung betreiben, wenn er US-Amerikaner Esteban Almaraz trifft und der Kampf live beim US-Fernsehsender ESPN2 übertragen wird.
Mit 23 Jahren war Yordenis Ugas deutlich jünger als die meisten seiner Landsleute, die aus Kuba flohen um mit Profiboxen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Nichtsdestotrotz brauchten sich seine Leistungen im Amateurbereich vor kaum einen verstecken. Gold bei den Weltmeisterschaften 2005 folgte unter anderem Olympiabronze 2008 sowie einige andere internationale und nationale Medaillen. Als er dann als kubanischer Champion im Halbweltergewicht nicht für die Weltmeisterschaften 2009 nominiert wurde, entschied er sich dafür sich aus Kuba abzusetzen und sein Glück als Profi zu versuchen. In den USA bestritt er 2010 in den ersten drei Monaten gleich fünf Kämpfe, welche er alle gewann. 2011 setzte er dann fünf weitere Siege hinterher, seinen bis dato besten über den New Yorker Kenny Abril, den er in sechs Runden klar auspunktete.
Der Texaner Esteban Almaraz begann seine Profikarriere 2006 im Alter von 25 Jahren ohne großen Amateurhintergrund. Für ihn sprangen Siege in seinen ersten sieben Kämpfen gegen Aufbaugegner heraus, ehe er im Mai 2008 auf Henry Lundy traf. Gegen den bis dahin ungeschlagenen US-Amerikaner verlor Almaraz knapp nach Punkten. Von seinen letzten vier Kämpfe, die Almaraz in den letzten 34 Monaten bestritt, konnte der inzwischen 31-Jährige nur einen einzigen gewinnen, wobei er aber unter anderem mit dem guten Ruslan Provodnikov über die kompletten sechs Runden ging.
Almaraz ist durchaus ein besserer Boxer als es sein Kampfrekord vermuten ließe. Er besitzt recht schnelle Hände, ordentliche Technik, wenn auch wenig Schlagkraft. Defensiv ist er jedoch ein wenig offen, macht dies aber mit einem sehr guten Kinn wett. Der Fokus in diesem Kampf ist jedoch definitiv auf Yordenis Ugas gerichtet. Der 25-jährige Kubaner ist ein brillanter Techniker mit ganz starken athletischen Voraussetzungen. Er paart sehr schnelle Hände mit guter Schlagkraft und einem exzellenten Auge sowie Timing. Als Profi hat er gegen limitierte Gegner noch nicht viele Schwächen gezeigt, doch als Amateur wurde ihm immer wieder ein schwaches Kinn nachgesagt, welches ihm auch im Profibereich schnell zum Verhängnis werden könnte.
Gegen Esteban Almaraz dürfte dies jedoch noch nicht der Fall sein. Auch wenn der US-Amerikaner ein zäher Hund ist, bewegt er sich boxerisch einfach nicht auf dem Level von Yordenis Ugas. Es bräuchte schon mehr als nur eine Portion Glück für Almaraz um am Freitag für eine Überraschung zu sorgen. Ein winzig kleiner Vorteil für ihn ist es, dass der Kampf auf acht Runden angesetzt ist. Für Ugas wäre es das erste Mal, dass er mehr als sechs Runden gehen muss, während Almaraz dies bereits gewöhnt ist. Und ich halte es durchaus für wahrscheinlich, dass Almaraz den finalen Gong miterleben wird, denn er ist tough und fähig genug um lange auf den Beinen zu bleiben. Am Ende sollte also ein recht komfortabler Punktsieg für Yordenis Ugas das wahrscheinlichste Resultat sein, und der Kubaner dürfte weiterhin auf dem schnellen Weg Richtung WM-Titel sein. Laut Ugas Trainer Eric „El Tigre“ Castano sei möglicherweise sogar bereits am Ende dieses Jahres ein Titelkampf für Ugas möglich und angedacht.