Vorschau: Ricardo Nunez vs Carlos Tamara

Ein Kampf zwischen zwei Topleuten einer Gewichtsklasse muss selbst bei der Titelinflation der letzten Jahrzehnte im Boxsport nicht zwangsläufig ein Titelkampf sein. Wenn Ricardo Nunez und Carlos Tamara am Donnerstagabend in Panama City in den Ring steigen, wird zwar niemand zum Weltmeister gekürt, doch der Eliminator der IBF für Platz Zwei ihrer Rangliste im Fliegengewicht findet nichtsdestotrotz zwischen zwei Boxern statt die das Potenzial haben zu den besten ihrer Gewichtsklasse zu zählen.

Ricardo Nunez befand sich schon einmal kurz vor einem Titelkampf. Als das Jahr 2010 anbrach, besaß er einen Kampfrekord von 17 Siege und nur einer Niederlage, die ein Ausrutscher war, als er in nur 37 Sekunden von einem Journeyman kalt erwischt wurde. 15 dieser 17 Siege hatte der schlagstarke Panamese vorzeitig geholt, und im WBA-Eliminator gegen Drian Francisco wollte er diese starke Statistik noch aufbessern. Nunez musste nach einem brutalen Haymaker aus kürzester Distanz jedoch schon in der ersten Runde zu Boden. Francisco attackierte wild und brutal und schlug Nunez zum zweiten Mal nieder, bevor dieser mit Mühe und Not es dann in der Folge noch aus der Runde schaffte. Die nächsten drei Runden schaffte er es ein in den Kampf zurück zu kommen, ehe er im fünften Durchgang zwei Mal mehr zu Boden musste und gestoppt wurde. Seitdem sammelte Nunez sechs Siege in ebenso vielen Kämpfen, wobei der einzig nennenswerte davon sein letzter gegen Juan Esquer war.

Carlos Tamara ist nicht nur fünf Jahre älter als Ricardo Nunez, sondern auch deutlich erfahrener. Als er anfangs 2008 gegen Omar Andres Narvaez das erste Mal um einen Titel boxte, hatte er bereits mit Giovani Segura, Rayonta Whitfield und Alejandro Hernandez insgesamt 36 Runden im Ring gestanden. Zwar verlor er gegen Narvaez, doch zwei Jahre später ergab sich die nächste Titelchance für Tamara, und dieses Mal ergriff er sie. Er forderte Brian Viloria um dessen IBF Halbfliegengewichtstitel heraus und schaffte die vielleicht größte Überraschung des Jahres als er ein starkes Finish hinlegte um nach Punkten hinten liegend den komplett erschöpften Viloria in der letzten Runde zu stoppen. Der Sieg sollte jedoch das bisherige Highlight seiner Karriere bleiben, da er den Titel in seinem nächsten Kampf überraschend an den Außenseiter Luis Alberto Lazarte verlor. Zudem unterlag er in der Folge noch Milan Melindo nach Punkten und kam zuletzt in einem Eliminator der IBF gegen Jesus Jimenez nur zu einem Unentschieden

Tamara und Nunez sind zwei sehr unterschiedliche Boxer. Während Nunez beide seine Niederlagen durch KO erlitt, gilt Tamara nahezu als unausknockbar. Er kassierte schon Prügel von Giovani Segura und Brian Viloria ohne ernsthaft angeschlagen zu sein und gilt als sehr ausdauernd und zäh im Nehmen. Der Kolumbianer boxt aggressiv mit und bevorzugt die Halbdistanz, wo er vornehmlich auch viel zum Körper arbeitet. Er schlägt nicht besonders hart und schnell, sondern zermürbt seine Gegner eher mit seinem Druck und seiner steten Aktivität. Nunez hingegen ist eher ein Distanzboxer mit sehr guter Schlagkraft und wohl auch etwas schnelleren Händen. Er wird am Donnerstagabend leichte Größen- und Reichweitenvorteile haben und viel hinter seinem ordentlichen Jab arbeiten wollen.

Daher wird sich vieles dadurch entscheiden, in welcher Distanz der Kampf stattfinden wird. Kann Nunez Tamara mit seiner Reichweite und Schnelligkeit auf Distanz halten, wird der Heimboxer gute Chancen haben, sich das Herausforderungsrecht für IBF-Weltmeister Moruti Mthalane zu sichern. Kann Tamara jedoch am Jab von Nunez vorbei kommen und zum Körper arbeiten, wird er die Vorteile wohl auf seiner Seite haben.

Die Ansetzung ist vor allem interessant, da sie sehr ausgeglichen ist. Nunez wird zwar Tamara wohl nicht KO schlagen können, aber mit der richtigen Taktik könnte er in der Lage sein ihn auszuboxen und nach Punkten zu gewinnen. In einer Schlacht jedoch würde ich Tamara zum Favoriten machen, und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es so kommen wird. Nunez scheint sich gerne in solche Schlachten rein ziehen zu lassen, da er dafür die nötige Schlagkraft besitzt. Er trifft allerdings auf einen Gegner, der dafür zäh und ausdauernd genug ist und vom eher durchschnittlichen Kinn von Nunez Profit schlagen könnte. Ich denke, dass Tamara nach anfänglichen Schwierigkeiten in der zweiten Hälfte des Kampfes stark aufkommen wird und ihn entweder knapp nach Punkten schlagen wird oder sogar kurz vor Schluss stoppen wird.

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