Egal in welche Gewichtsklasse man schaut, es scheint zurzeit so, als sei das Alter, in dem Weltklasseboxer auf ihrem Zenit sind, deutlich angestiegen. Im Schwergewicht ist Vitali Klitschko mit 40 Weltmeister, im Cruisergewicht Antonio Tarver mit 42, Bernard Hopkins beherrscht das Halbschwergewicht gar mit 46. Auch in den niedrigeren Gewichtsklassen, in denen Boxer grundsätzlich früher nachlassen, da Schnelligkeit und Reflexe wichtiger sind, findet man Juan Manuel Marquez, der mit 37 Jahren das Leichtgewicht dominiert, den 36-jährigen Superfliegengewichtsweltmeister Omar Narvaez sowie Luis Lazarte, der mit 40 bis vor kurzem noch Halbfliegengewichtschamp war. WBA-Minimumgewichtsweltmeister Muhammad Rachman stellte sogar den Altersrekord für seine Gewichtsklasse auf, als er den Gürtel diesen April im Alter von 39 Jahren und knapp vier Monaten gewann. In diesem neuen goldenen Alter will er nun am Samstag seinen Titel gegen Pornsawan Porpramook verteidigen, der mit 33 Jahren auch schon nicht mehr zum jungen Eisen gehört.
Für den Thailänder ist der Kampf gegen Rahman der vierte Titelkampf in den letzten fünf Kämpfen. 2001 war Porpramook zum Profiboxer geworden und gewann bereits in seinem zweiten Kampf den Minimumgewichtstitel der PABA, der panasiatischen Organisation. Er häufte 20 Siegen in 20 Kämpfen an, ehe er sich an einen WM-Titel herantraute. Er scheiterte jedoch an Donnie Nietes, welcher ihn 2007 nach Punkten bezwang. Ein Jahr später verlor Porpramook gegen WBC-Champ Oleydong Sithsamerchai, woraufhin er es im Halbfliegengewicht versuchte, wo Edgar Sosa ihn in vier Runden KO schlug um seinen WBC-Titel zu verteidigen. Zuletzt folgte ein Rückkampf gegen Sithsamerchai, und dieses Mal sprang für Porpramook ein Unentschieden heraus, auch da Sithsamerchai dem Minimumgewicht zu diesem Zeitpunkt schon entwachsen zu sein schien und mit enormen konditionellen Problemen in den Kampf ging.
Muhammad Rachman ist ein Veteran von bereits 79 Profikämpfen. Anfänglich häufte er einige Niederlagen an, bevor er eine Siegesserie hinlegen konnte, die schließlich zum Titelkampf gegen Daniel Reyes führte. Der Split-Decision-Sieg machte Rachman zum erst vierten indonesischen Profiboxweltmeister aller Zeiten, und Rachman verteidigte den Titel drei Mal erfolgreich ehe Florante Condes ihn ihm 2007 abnahm. Rachmans Karriere schien sich endgültig dem Ende zu nähern, als er in 42 Monaten zwischen 2007 und 2011 fünf von sechs Kämpfen verlor, unter anderem gegen Milan Melindo und Oleydong Sithsamerchai. Doch in diesem April durfte er dann noch einmal um einen Titel kämpfen, und tatsächlich schlug er überraschend den bis dahin unbesiegten Thailänder Kwanthai Sithmorseng in neun Runden KO.
Umso überraschender, dass Rachman auch mit 39 Jahren noch solche Leistungen bringen kann, ist es, da der Indonesier einen Stil boxt, der normalerweise eine kurze Halbwertszeit besitzt. Er boxt aggressiv und übt zwölf Runden lang unaufhaltbar Druck auf seinen Gegner aus. Zwar besitzt er keine richtig gute Schlagkraft, doch die Anzahl an Schlägen, die er dank einer auch im Alter noch hervorragenden Kondition Runde für Runde abfeuert, zermürben die Gegner und haben so auch immerhin schon zu 33 KO-Siegen in seiner Profilaufbahn geführt. Auf der anderen Seite ist Rachman selber so gut wie kaum auszuknocken. Er besitzt ein hervorragendes Kinn, auch wenn dieses tatsächlich inzwischen leicht nachgelassen zu haben scheint. Von seinen zehn Niederlagen kassierte er nur eine vorzeitig, und zwar als ihn Denver Cuello vor zehn Monaten in der neunten Runde stoppte.Pornsawan Porpramook heißt mit Kampfnamen „The Tank“ – der Panzer – was tatsächlich eine recht treffende Beschreibung ist. Ganz ähnlich wie Rachman geht er konstant nach vorne, übt Druck aus, und legt eine sehr hohe Workrate an den Tag. Pornsawan schlägt härter als Rahman, hat aber meiner Meinung nach kein ganz so gutes Kinn, auch wenn seins immer noch sehr ordentlich ist.
Die beiden Stile zusammengenommen darf man guten Gewissens eine wahre Ringschlacht am Samstag in Jakarta erwarten. Keiner der beiden wird freiwillig einen Schritt zurück machen und beide werden es darauf anlegen den Gegner zu zermürben. Der Kampf sollte die ganze Zeit in der Halbdistanz ausgefochten werden und einen Haufen Action bieten, was es schade macht, dass es schwer sein wird den Kampf in Deutschland sehen zu können. Die Unterhaltung scheint vorbestimmt, der Sieger allerdings nicht. Muhammad Rachman ist insgesamt sicher der bessere Mann und hat dies auch schon auf einem höheren Niveau unter Beweis gestellt, doch es ist fraglich, ob er mit 39 Jahren nicht doch plötzlich dem Alter Tribut zollen muss. Ich tippe etwas zögerlich auf einen Punktsieg für Rachman, doch Pornsawan wird es ihm unheimlich schwer machen und wird es auch sofort ausnutzen, wenn Rachman nicht mehr ganz auf der Höhe ist.
Muhammad: Da weiß man wer verliert.
@ Benjamin
Sehr guter Bericht!
Ich sehe in den letzten Jahren eher wenig Kämpfe in der niedrigen Gewichtsklassen und kenne mich da unten auch nicht so aus,aber dein Bericht hat bei mir ein Interesse auf den Kampf geweckt,mal sehen ob sich ein Live-Stream finden lässt oder ob der Kampf wenigstens ab Sonntag bei YouTube zu finden ist!