Fernando Montiels größter Feind könnte am Samstagabend Nachlässigkeit sein. Der 31-jährige Mexikaner hat bereits den Topkampf gegen Nonito Donaire vor den Augen, der im Februar 2011 stattfinden soll, muss nun aber zuerst gegen einen scheinbar chancenlosen Gegner, der kurzfristig eingesprungen ist, antreten. Ursprünglich sollte Eduardo Garcia Montiel um dessen Bantamgewichtsgürtel herausfordern, doch nun sprang Jovanny Soto kurzfristig für ihn ein, und die Titel stehen nicht mehr auf dem Spiel, so dass der Kampf lediglich noch über 10 Runden geht.
Auch wenn Montiel klar favorisiert gewesen wäre Garcia zu schlagen, wäre dieser wohl doch eine größere Herausforderung für den WBC- und WBO-Titelträger gewesen, als es Soto wohl sein wird. Soto hat einen durchwachsenen Kampfrekord von 29 Siegen, 11 Niederlagen und einem Unentschieden und mühte sich dabei die meiste Zeit auf nationalem Niveau herum. Er hat noch nicht einen Sieg gegen einen halbwegs bekannten Gegner einfahren können, und musste gegen die bekannteren Leute, mit denen er im Ring stand, wie AJ Banal oder David De La Mora, stets Niederlagen einstecken.
Montiel ist da natürlich ein komplett anderes Kaliber. Nachdem er bereits im Fliegengewicht und zweimal im Superfliegengewicht Titelträger war, wurde er Anfang 2009 WBO-Champion im Bantamgewicht. Kurze Zeit später kam sein krönender Moment, als er den langjährigen WBC-Champ Hozumi Hasegawa in vier Runden KO schlug und die Titel vereinigte. Nun die klar Nummer Eins im exzellent besetzten Bantamgewicht, hat Montiel die Erfahrung von 20 Titelkämpfen, wovon er nur zwei äußerst knapp nach Punkten verlor.
Die Chance besteht natürlich, dass Montiel Soto nun auf die leichte Schulter nimmt. Soto ist Montiel in allen Belangen unterlegen, wird dies aber als Chance seines Lebens ansehen. Mit 26 Jahren hat er durchaus eine Zukunft sollte ihm die Riesenüberraschung gelingen, dass er Montiel schlägt. Selbst ein enger Kampf dürfte ihm einiges an Respekt, und möglicherweise lukrative Kämpfe, einbringen, so dass Montiel mit einem äußerst hungrigen, hoch motivierten Gegner rechnen muss.
Psychologie ist im Boxsport nicht zu unterschätzen, und Sensationen passieren meist, wenn ein Gegner unterschätzt wird, und dann, wenn man am wenigsten damit rechnet, aber es wäre schon arg fahrlässig, wenn Montiel solche Unaufmerksamkeiten zulassen sollte, wenn er den größten Kampf seiner Karriere vor den Augen hat. Zwar hat er sich in der Vergangenheit ab und zu mal unmotiviert gezeigt, aber er scheint mir boxerisch gereift zu sein und im Moment auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit zu stehen. Montiel sollte sich nicht lange mit Soto aufhalten, auch wenn er auf dessen Schlagkraft Acht geben muss, und seine Klasse müsste sich problemlos durchsetzen. Es wäre schon eine Überraschung, würde Montiel für den Kampf länger als vier Runden brauchen.