Die Schritte auf dem Weg zum Superstar sind manchmal sensationelle, unerwartete Momente, manchmal große, gewichtige Kämpfe, und manchmal auch Pflichtaufgaben, die es zu bewältigen gilt um den nächsten Schritt machen zu können. Nachdem Devon Alexander im März einen spektakulären Moment lieferte, als er im Titelvereinigungskampf Juan Urango mit einem krachenden Uppercut zu Boden schickte und kurz darauf stoppte, und ihm nun ein Megafight im Januar 2011 gegen Timothy Bradley bevorzustehen scheint, gilt es für ihn am Samstag erstmal die Pflichtaufgabe gegen Andreas Kotelnik zu bewältigen.
Obwohl Alexander bereits 2009 einen Halbweltergewichtstitel gegen Junior Witter gewonnen hatte, war es wirklich der rechte Konteruppercut, mit dem er den unzerstörbar scheinenden Kolumbianer Urango fällte, der ihn ins Rampenlicht schubste. Urango, seinerseits bis dahin IBF-Titelträger, war gerade bei einem Ausflug ins Weltergewicht an dem ungeschlagenen WBC-Titelträger Andre Berto gescheitert, welcher dem physisch imposanten Urango 12 Runden lang aus dem Weg gegangen war um ihn aus der Distanz auszuboxen. Alexanders mutiger Kampfstil gegen Urango, der in dem unerwarteten KO endete, erntete ihm einiges an Anerkennung und Respekt. Der 23-Jährige war schon vorher als guter Boxer und viel versprechendes Talent bekannt, doch der Urango-Kampf markierte seine Metamorphose zum wahren Fighter. Urango war jedoch, wenn auch sehr gefährlich, ein eindimensionaler Boxer. Alexander muss sich am Samstagabend vor heimischem Publikum in St. Louis nun gegen einen technisch besseren Mann in Ex-Titelträger Andreas Kotelnik beweisen.
Der 32-Jährige Ukrainer hielt von März 2008 bis Juli 2009 den WBA-Titel, ehe er ihn an den britischen Star Amir Khan verlor. Khan punktete ihn deutlich aus, ging aber kaum Risiko ein. Mit seinen längeren Armen und viel schnelleren Händen boxte er risikoavers aus der Distanz, nicht ganz unähnlich dem, was Andre Berto gegen Juan Urango machte. Kotelnik kassierte zwar wenig klare oder gar harte Treffer, wurde aber einfach aufgrund von Khans höherer Aktivität ausgepunktet.
Devon Alexander besitzt eine ähnlich lange Reichweite wie Amir Khan und ähnlich schnelle Hände, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass er Kotelnik auf die gleiche Art und Weise begegnen wird. Sein Trainer Kevin Cunningham kündigte bereits an, dass Alexander von Anfang an Druck machen wolle und Kotelnik seine Schlagkraft spüren lassen wolle. Alexander solle ihm von Beginn an deutlich machen, dass er eine tüchtige Abreibung bekommen würde. Diese Einstellung spricht für einen zuschauerfreundlicheren Kampf, birgt aber auch eindeutig mehr Risiko. Kotelnik ist technisch sehr gut ausgebildet und besitzt eine sehr solide Defensive, durch die schwer hindurch zu kommen ist. Zudem agiert er clever und weiß defensive Lücken beim Gegner auszunutzen. Er besitzt zwar nicht die allergrößte Schlagkraft, kann aber durchaus hart genug zulangen um den Respekt des Gegners zu gewinnen.
Alexander hingegen scheint mir mehr Power zu besitzen als es sein Kampfrekord mit 13 KOs in 20 Kämpfen anzuzeigen scheint. Nicht nur sein sensationeller KO gegen Urango deutet das an, sondern auch der Fakt, dass er seine letzten fünf Gegner allesamt stoppen konnte. Er scheint seinen Killerinstinkt in den letzten Kämpfen gefunden zu haben und sicherlich schlagstärker als noch vor ein paar Jahren. Die Frage ist jedoch, ob es reicht den defensivstarken und zähen Andreas Kotelnik, der meines Wissens nach als Profi noch nie am Boden war, zu stoppen.
Es ist klar, dass Alexander als Favorit gelten muss. Er ist schneller, schlagstärker, präziser und sieht im Moment verdächtig wie ein zukünftiger Superstar aus. Kotelnik sollte zu langsam auf den Beinen und mit den Fäusten sein, auch wenn seine Erfahrung einige athletische Mangel wettmachen könnte. Ein Sieg Kotelniks wäre eine Sensation, ein KO-Sieg für Alexander eine kleine Überraschung. Das logische Ergebnis wäre ein klarer Punktsieg für den Titelverteidiger, doch ich habe das Gefühl, dass es Alexander gelingen wird Kotelnik seine erste vorzeitige Niederlage zuzufügen. Alexander ist sehr präzise mit seinen Schlägen und besitzt ein exzellentes Auge um Lücken aufzuspüren. Diese werden bei Kotelnik selten sein, aber ich habe das Gefühl, dass er im Laufe der 12 Runden genug davon finden wird um den Ukrainer so um die zehnte Runde herum aus dem Kampf zu nehmen. Es wäre ein weiterer, nicht zu unterschätzender Schritt auf dem Weg zum möglichen Superstar.