Vorschau: Akifumi Shimoda vs Rico Ramos

In den unteren Gewichtsklassen sind japanische Boxer neben mexikanischen möglicherweise die dominanteste Fraktion, doch es ist eher selten, dass man im Westen die Weltklasseleute aus dem fernen Osten im Fernsehen bewundert darf. Der kommende Samstag stellt eine Ausnahme da, wenn WBA-Superbantamgewichtstitelträger Akifumi Shimoda in den USA seinen Titel verteidigt, und dabei auf dem US-amerikanischen Pay-TV-Sender HBO zu bewundern ist. Der 26-jährige verteidigt in New Jersey seinen Titel gegen den ungeschlagenen US-Amerikaner Rico Ramos.

Shimoda war bis vor einem halben Jahr auch den meisten eingefleischten Boxfans noch ein unbeschriebenes Blatt. In 25 Kämpfen, 24 davon in Japan, einer in Mexiko, erzielte er 22 Siege bei zwei Niederlagen sowie einem Unentschieden, und sicherte sich dabei sowohl den japanischen Titel als auch den asiatisch-pazifischen der OPBF. Erst als er Herausforderer seines Landsmann und des neu gekrönten Titelträgers Ryol Li Lee wurde, trat er wirklich auf die Bildfläche. Überraschend gewann er sogar den Titel in einem packenden Kampf verdient deutlich nach Punkten und schlug Lee sogar drei Mal im Verlauf des Kampfes nieder.

Während es für Shimoda aufgrund des Austragungsortes der größte Kampf seiner bisherigen Karriere ist, ist er es für Ramos wegen des Gegners. In 19 Profikämpfen konnte sich Ramos bisher zwar schadlos halten, jedoch stand er bislang kaum mit Boxern großen Kalibers gegenüber. Sein bester Gegner war wohl Alejandro Valdez, dessen Bekanntheitsgrad vor allem aus einem technischen Unentschieden mit Fernando Montiel herrührt. In diesen 19 Profikämpfen musste Ramos zwar bisher auch kaum Runden abgeben, doch der Sprung in der Qualität der Gegner wird am Samstag groß sein, und es ist schwer zu sagen, ob Ramos diesem gewachsen ist.

Dank seiner guten Amateurkarriere ist Ramos technisch gut ausgebildet und hat, typisch für amerikanische Topamateure, schnelle, explosive Hände. Ihm fehlt ein wenig der große Punch, dafür ist er in der Lage mit seiner sehr guten linken Hand einen Kampf zu bestimmen. Außerdem schlägt er sehr gute Kombinationen. Gegen Akifumi Shimoda wird er allerdings der kleinere Boxer sein und zudem auf einen schwierigen Rechtsausleger treffen. Der Japaner boxt normalerweise aggressiv und leicht gebückt im Vorwärtsgang. Das sollte auch seine Strategie gegen Ramos sein, der gegen Valdez, der ebenfalls Rechtsausleger ist, vor allem dann Probleme hatte, wenn Valdez den Druck erhöhte und er Ramos an den Seilen stellen konnte, was Ramos noch zu oft zuließ. Beide Boxer haben keine großartige KO-Quote, können aber durchaus zulangen, wenn es nötig ist. Besonders Shimoda zeigte gegen Lee mit drei Niederschlägen, dass die Zahlen nicht immer die ganze Wahrheit sagen.

Shimoda ist erst der zweite japanische Boxer in der Geschichte des Sports, der seinen Titel in den USA verteidigt. Der Erste war WBA-Superfedergewichtstitelträger Kubiaki Shibata, welcher 1973 in einer Runde von Ben Villaflor ausgeknockt wurde. Der Titelverteidiger weiß um diese Statistik und möchte am Samstag Geschichte schreiben. Gegen Rico Ramos, der bei den Buchmachern Favorit ist, wird das allerdings nicht leicht. Vom Athletischen her ist Ramos Shimoda überlegen. Er ist schneller, explosiver und flüssiger in seinen Bewegungen. Zudem besitzt er ein starkes boxerisches Arsenal mit einem starken Jab und einer harten rechten Geraden, die immer das Patentrezept gegen Rechtsausleger ist. Doch Shimoda hat im Profibereich deutlich mehr Erfahrung gegen stärkere Gegner und zudem einen unangenehmen Stil für Ramos. Mit seiner für westliche Verhältnisse unorthodoxen Haltung dürfte er nicht all zu leicht zu treffen sein, und seiner nach vorne preschender Stil mit einer knallharten linken Geraden könnte Gift für Ramos sein, der sich durchaus bereitwillig an den Seilen stellen lässt, im Infight aber noch deutliche Mängel zeigt.

Akifumi Shimoda besitzt ein ordentliches, aber kein Granitkinn. Gegen Lee war er einmal am Boden und einmal auf wackligen Beinen. Ramos hat die Chance ihm ernsthaft weh zu tun, wenn er ihn mit seinem guten Auge auf dem Weg nach vorne mit der rechten Hand abkontert. Allerdings ist Shimoda ein echter Kämpfer, der um die historische Dimension des Kampfes weiß und bis zum Umfallen kämpfen wird. Ich glaube, dass Ramos trotz seiner fehlenden Erfahrung und des gewöhnungsbedürftigen Stils von Shimoda anfangs Erfolg haben wird und sich ein paar Runden sichern wird, bevor Shimoda einen Gang hoch schalten werden muss und den Druck erhöhen wird. Obwohl ich mir durchaus auf beiden Seiten Niederschläge vorstellen kann, gehe ich von einem Kampf über die volle Distanz aus, der äußerst eng werden wird. In New Jersey wird Ramos sicherlich den ominösen „Heimvorteil“ haben, und ich tippe darauf, dass er am Ende nach einem sehr guten, heiß umkämpften Gefecht, möglicherweise leicht umstritten, einen knappen Punktsieg einfahren wird.

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