Sauerland-Veranstaltung in Hamburg

Besser gesagt: Sauerland – ECB Veranstaltung. Scheinbar reichen die Sauerlandboxer nicht mehr aus, um 2 Veranstaltungen kurz nacheinander mit eigenen Boxern zu beschicken. Das muss nicht unbedingt ein Manko sein, weil dadurch auch anderen Boxern Gelegenheit gegeben wird, sich zu präsentieren. Wenn allerdings bei einer Veranstaltung gleich 4 von 9 Kämpfen mit einem KO1 enden, sieht man recht deutlich, dass man bei der Gegnerwahl recht sorgfältig war und die Gegnerschaft auf die Favoriten zugeschnitten hat. Es lief scheinbar alles wie gewünscht, fast schon zu glatt. Aber das nur am Rande.

Hauptkämpfer der Veranstaltung war erstmals Jack Culcay (21(10)-1-0). Sein Gegner war der in Australien lebende Ire Dennis Hogan (22(7)-0-1). Der 30-jährige sollte laut Culcay-Interview die größte Herausforderung seiner Karriere sein. „Back to the Roots“ war das Kampfmotto. Das bezog sich allerdings nur darauf, dass Culcay mal wieder in Hamburg boxte. Was dann im Ring zu sehen war, relativiert diese Aussagen. Hogan holte sich dankbar seine Schläge ab und machte seinerseits kaum Anstalten, diesen Kampf gewinnen zu wollen. Dennoch war zu sehen, dass Culcay eine relativ gute Vorstellung bot. Doch das ist gegen einen Boxer, der meilenweit von der Weltspitze dieser Gewichtsklasse entfernt ist, kein Wunder. Man möchte Culcays gute Leistung nicht in Abrede stellen, aber nach der größten Herausforderung sah das nicht aus. Wenn man nur an die beiden Kämpfe gegen Pitto denkt, kommt man großen Herausforderungen schon näher. Das Ergebnis war dann mit 119:109, 117:111 und 116:112 auch recht deutlich.

Um so mehr geht es einem auf den Geist, wenn man laufend davon hört, Culcay wolle demnächst um die „richtige WM“ boxen. „Golden Jack“ ist Interim-Weltmeister des Verbandes WBA. Diesen Titel holte er sich im Kampf gegen Maurice Weber, der mit wesentlich mehr Kampfgeist zu Werke ging als Hogan. Man kann einfach nicht davon ausgehen, dass es Culcay mit neuem Trainer Wegner und vielleicht auch etwas verbesserter Leistung mit dem jetzigen WBA-Champ Lara aufnehmen kann. Es würde ihm schwer fallen, gegen Lara auch nur eine Runde zu gewinnen. Geschweige denn einen WM-Kampf.

Aber es wird Mittel und Wege geben, den regulären WBA-Titel ins Sauerland-Team zu holen. Irgendwann wird der Verband auf die wunderbare Idee kommen, Erislandy Lara zum Super-Champ zu machen und damit ist der Weg für Interim-Champ Culcay frei. Ähnlich war es mit Jürgen Brähmer, als die WBA Beibut Shumenov kurzerhand zum Super-Champ erklärte und Brähmer um den regulären Titel boxen konnte. Und ist Culcay erst einmal regulärer WBA-Champ, wird man ihm die Gegner aus der Hogan-Preisklasse in den Ring stellen. Das natürlich mit großem Getöse, von wegen starke Gegner und größte Herausforderung. Notfalls kämpft er dann auch gegen eine der ach so starken Herausforderungen 2x nacheinander, falls es Zweifel an seinem Sieg geben sollte.

Auch die anderen Kämpfe dieser Veranstaltung verliefen wunschgemäß. Der kurzfristig auf die Fightcard gekommene Chisora brauchte 5 Runden, bis es mit seinem Gegner zu Ende ging. Freddy Kiwitt, Gökalp Özelker, Kubrat Pulev und Adrian Granat erledigten ihre Jobs in Runde 1. Wanik Awdijan schaffte in Runde 6 ein KO gegen Bronislav Kubin. Nur Enrico Kölling und Ismail Özen mussten über die Runden und kamen zu Punktsiegen.

Man hat sich für das nächste Jahr beim Sauerland-Team Einiges vorgenommen. Neben der Arbeit mit mit den Champs Abraham und Brähmer will man Culcay zum Weltmeister machen und eventuell auch für Pulev und Chisora neue WM-Chancen erarbeiten. Mal sehen, was davon wahr wird. Vor Allem: Wie.

15 Gedanken zu “Sauerland-Veranstaltung in Hamburg

  1. Guter und kritischer Artikel!

    Man hätte vielleicht nochmal explizit erwähnen sollen, wie schändlich der durch die BILD-Zeitung gepushte Ismail Özen gegen den armen Mihai Macovei zum Sieg geschoben wurde. Man könnte ja sagen: Die beiden werden eh nie was erreichen, aber das wäre vom Grundgedanken der Fairness falsch.
    Selbst auf der Undercard so ein Beschiss, das regt mich dermaßen auf, aber echt…

    Ansonsten: Chisora und Pulev sind Lückenfüller, die auf Europa-Ebene noch einige gute Kämpfe machen können.

    Culcay wird gegen die Elite nix ausrichten können, aber dem Ottonormalzuschauer kann er als WM verkauft werden.

    Die Vertragsverlängerung mit Enrico Kölling kam für mich überraschend. Wieso überraschend? Die Antwort kam prompt wieder gestern im Ring.

  2. @ El Demoledor

    Guter Kommentar!!

    Die Vertragsverlängerung von Kölling kann ich auch nicht nachvollziehen, zumal er nach seiner Niederlage sehr handverlesene Gegner vor den Fäusten hatte und nicht einen Kampf davon suvarän gestalten konnte!
    Der gestriege Kampf war bestenfalls ein Unentschieden!

  3. Also, sehe ich wirklich anders: Lara und Andrade sowie Jermall Chalo sind tatsächlich auf einem anderen Level als Culcay, aber ansonsten kann er sich (und sollte sich auch) mit jedem anderen Superwelter messen. So die Überfliegerkonkurrenz gibt es in dieser GK nämlich nicht mehr, nachdem Cotto, Alvarez, Money, defacto weg sind und Martirosyan, Trout, Kirkland alle schon empfindliche Niederlagen kassiert haben. Soro, Julian Williams, Mundine, John Jackson, Willie Nelson, K9, Ishe Smith, Liam Smith – allesamt schlagbare Leute.

    1. Gerade Liam Smith halte ich für durchaus schlagbar, wenn Sauerland schlau ist lässt er Smith nach Deutschland kommen und ich bin mir sicher dass Culcay dort gute Chancen hat. Oder er klärt nächste Woche mit der WBA bei der Convention ab das Lara Super-Champion wird und Culcay um den vakanten Titel boxt.

  4. Culcay ist schon ein Guter! Aber m.E. nach ist er für die Weltspitze zu klein und kompakt und hat zu große Reichweitennachteile!
    Und das Sauerland-Matchmaking in sämtlichen Klassen geht mir auf den Zeiger. Wenigstens werden dafür keine Gebührengelder mehr verschleudert! Wo bleiben die für Sat1 groß angekündigten Stallduelle? Wo die Duelle mit Sturm und SES? Außer Abraham- Stieglitz war da garnichts und das war obendrein noch eine Pflichtverteidigung! Man hätte so viele Möglichkeiten! Geraden im Supermittel (plus/minus) einer Klasse könnte man richtige Turniere veranstalten! Das würde auch Quoten bringen, dadür bräuchte man nicht mal einem Titel! Aber diese Jobber-Kämpfe will doch niemand sehen…

      1. Gebe dir auf jeden Fall Recht – für die Schnelligkeit Laras und vor allem seine einzigartige Footwork ist es bei Culcay noch ein wenig zu früh. Andererseits sah Lara auch nicht immer gut aus in seinen Fights, wenn man permanent Druck macht und ihm ein wenig dreckig kommt. Martirosyan und Angulo haben gezeigt, wie es gehen könnte.

        Andererseits besteht ja auch die Möglichkeit, dass Lara den Kampf gegen GGG erhält, den er angeblich unbedingt sucht. Dann stünden die Türen für einen richtigen WM-Titel für Culcay ziemlich offen.

  5. die kooperation EC und Sauerland und Sat.1 ist doch jetzt schon das 4. oder 5. mal gewesen. ist doch gut. so hat auch der 4. deutsche boxstall wieder mehr die chance im TV präsent zu sein. ich fand es zwar auch gut als sie auf eurosport geboxt haben aber die kooperation bring sicher was. überträgt eig. ein deutscher sender den murat kampf am samstag?

  6. Sehe es eig. ähnlich wie die meisten: Fand Culcay gar nicht schlecht, auch wenn natürlich klar sein muss, dass der Gegner ein ganzes Stück von der Weltspitze entfernt war. Finde Culcay aber recht sympathisch, er ist schnell, hat ein gutes Auge, gute Reflxe uns „ordentliche Skills“. Habe allerdings meine Zweifel, ob er für die Weltspitze „hart“ genug ist, zumal seine Schlagkraft überschaubar ist und ich denke, dass er Schwierigkeiten hat, seine Marschroute beizubehalten, wenn ein physisch starker Gegner 12 Runden lang Druck macht. Wünsche ihm auf jeden Fall eine erfolgreiche Zukunft.

    Die Kämpfe, genauer gesagt die Gegner von Chisora und Pulev waren wirklich ein Witz, insbesondere Pulevs Aussage im Interview nach dem „Kampf“: „Gegnerr warrr sehrrr starrrk, aber ich habe ihn voll in die Rrrippen getrrrroffen…“ 😉
    Chisora wirkte sehr unmotiviert und brachte, wenn ich das richtig gesehen habe, mehr Gewicht auf die Waage als Fury in seinem WM-Kampf. Hat mich von der gewichts- und motivationsbedingten Behäbigkeit etwas an Past-Prime-Rahman erinnert…

    Bin gespannt, wie sich Granat entwickelt: Eigentlich bringt er hervorragende Voraussetzungen mit, hat bisher einen makellosen Rekord und ein Erstrunden-KO gegen Sprott (auch wenn der natürlich mittlerweile weitgehend shot ist) bringt auch nicht jeder.
    Mache mir nur bezüglich seiner Gewichtszunahme Sorgen: So hat er in den letzten 2 Jahren gute 30 Pfund und eine ordentliche Plautze zugelegt. Hoffen wir, dass ihm das nicht auf Dauer zum Verhängnis wird, bzw. dass er nicht als fetter, unmotivierter Ex-Hoffnungsträger endet…

Schreibe einen Kommentar