Leon Bauer (17-0-1, 9 K.o.) nimmt im Interview mit dem Boxpodcast kein Blatt vor den Mund und redet über seine Rivalen Toni und James Kraft. Der 21-Jährige erklärt, weshalb er nach Toni Kraft (27 Jahre) auch seinen jüngeren Bruder James (23 Jahre) schlagen würde und was einem Duell aktuell im Weg steht.
Wo stehst du gerade in deiner Profiboxkarriere?
Leon Bauer: „Ich bin noch lange nicht auf meinem Zenit, noch eine Ewigkeit entfernt. Ich sehe das so, dass ich in 18 Profikämpfen und meiner bisherigen sportlichen und Lebens-Laufbahn gerade an den Start gegangen bin und auf den Startschuss warte. Das Rennen geht eigentlich erst los. Alles was ich bis jetzt gelebt, erlebt und erfahren sowie sportlich erreicht habe ist nur der Anfang. Ich habe nicht einmal ansatzweise mein Potenzial erreicht, welches in mir steckt. Es muss nur richtig aktiviert, gefördert und gefordert werden, um das Maximale aus mir rauszuholen.“
Bist du durch deinen Vater zum Boxsport gekommen und war es immer klar, dass du ein Boxer wirst?
Leon Bauer: „Nein, das war so nicht klar. Für meinen Vater war das Wichtigste, dass er starke und selbstbewusste Kinder aufzieht. Und er wollte, dass meine zwei jüngeren Geschwister und ich uns beim Verlassen des Elternhauses verteidigen können. Mein Vater hat früher Kick- und Thaiboxen gemacht und ich habe Kampfsportarten wie Kick- und Thaiboxen, Jeet Kune Do und Bodenkampf gelernt. Ich bin ein voll ausgebildeter Kampfsportler! Habe mich aber immer in der Materie des Boxens wohl gefühlt. Das war immer ein Hobby und ich habe eigentlich nie genau gewusst, was ich in meinem Leben machen möchte. Dann ergab sich irgendwann die Möglichkeit das Hobby zum Beruf zu machen. Mich haben die Liebe und die Leidenschaft dorthin getrieben, weniger das Finanzielle. Mein Vater war, ist und wird auch immer mein Mentor, Trainer und engster Verbündeter bleiben, weil ich ihm alle meine Fähigkeiten, mein Wissen und Erfahrungen zu verdanken habe. Deshalb trainiere ich nach wie vor so intensiv es geht mit ihm zusammen.“
Warst du früher in einem Boxverein?
Leon Bauer: „Mich hat noch nie ein anderer Trainer begleitet. Natürlich habe ich schon andere Sessions gemacht, um zu gucken wie ich mit anderen Trainern klarkomme, aber mein Vater ist der Einzige, der mich zu dem gemacht hat, der ich bin.“
Könntest du durch deine vielfältige Kampfsporterfahrung einen MMA-Fight bestreiten?
Leon Bauer: „Ja, klar. Ich kann, ohne mich warm zu machen, auf zwei Meter hoch kicken. Ich kann von den Fähigkeiten her jederzeit einen MMA-Kampf bestreiten, weil ich sämtliche Kampfsportdisziplinen durchlaufen habe, aber es gehört natürlich mehr dazu einen MMA-Fight zu bestreiten. Ich bin ein Vollblutkampfsportler, aber meine boxerischen Fähigkeiten reichen über meine anderen Fähigkeiten weit hinaus. Die sind aber trotzdem weitaus besser als der Durchschnitt.“
Könntest du dir vorstellen irgendwann einen MMA-Kampf zu bestreiten?
Leon Bauer: „Nein, ich bin kein Fan des Käfigs. Ich bin ein Boxer und ich liebe das Boxen! Ich würde in der Disco nie auf die Tanzfläche gehen, aber ich sehe den Ring als meine Tanzfläche und blühe dort auf. Ich sage auch ehrlich, dass meine Beine zu empfindlich dafür sind einige gute Low Kicks zu bekommen. Das ist ein hartes Pflaster. Ich würde es nicht machen, weil MMA nicht so meins ist.“
Was war dein härtester Kampf bisher?
Leon Bauer: „Kein Kampf im Ring war so schwer wie der Kampf außerhalb des Rings und meinen Prinzipien treu zu bleiben. Das ist der schwerste Kampf, der mich immer begleitet hat und immer begleiten wird. Denn ich bin ein prinzipientreuer Mensch und eine treue Seele mir selbst gegenüber.“
Und im Ring?
Leon Bauer: „Im Ring ist es schwierig zu sagen, weil jeder Kampf unter anderen Voraussetzungen stattfindet. Am meisten bin ich bei meiner dritten Juniorenweltmeisterschaft über mich hinausgewachsen. Da bin ich in der vierten Runde fast K.o. gegangen und habe den Kampf noch gedreht. Der Kampf mit dem größten Druck war in Las Vegas: Mittwoch bin ich angereist, Donnerstag war die Pressekonferenz, Freitag das Wiegen, Samstag der Kampf, Sonntag der Heimflug und Montag war Schule! Ein anderer Fight war das Unentschieden gegen Atin Karabet, weil ich Angina Pectoris hatte und aus finanziellen Gründen unmöglich hätte absagen können. Jeder Kampf hat seine ganz eigenen Ansprüche an mich gestellt.“
Und wie war dein letzter Kampf am 9. November 2019 gegen Toni Kraft in Hamburg?
Leon Bauer: „Der letzte Kampf war einer meiner gefühlt leichtesten Kämpfe, weil ich zum ersten Mal mein Potenzial in der Vorbereitung habe ausschöpfen können. Davor habe ich Kämpfe gemacht, wo es nicht ein einziges Sparring gab, weil ich es mir nicht leisten konnte und ich keine Unterstützung hatte. Wenn man nicht richtig vorbereitet ist, dann kann jeder Kampf, selbst gegen einen drittklassigen Boxer, enorm schwer werden. Die Vorbereitung ist alles! Von den Wertigkeiten war der Kampf auf Augenhöhe von zwei Jungs, die boxen können. Die meisten in Deutschland können einfach nicht boxen! Toni Kraft ist technisch ein sehr fleißiger Junge und kann boxen. Ich halte zwar charakterlich nichts von ihm und wie er sich nach dem Kampf mir gegenüber verhalten hat war unter aller Sau. Aber das muss er mit seinem Gewissen vereinbaren. Ich war nicht zufrieden mit meiner Performance, weil ich viel mehr aus mir hätte rausholen können.“
Wie lief das letzte Jahr insgesamt für dich?
Leon Bauer: „2019 war eine Katastrophe. Ich habe nach schwierigen zwei Jahren mit Höhen und Tiefen einen schweren Kampf im April 2019 gegen Mateo Damian Veron gehabt. Von der Belastung und vom Kampfgeschehen war er weitaus schwieriger als der Kampf gegen Toni Kraft. Auf einer Skala von eins bis zehn würde ich meine Performance gegen Kraft auf fünf bis sechs einstufen. Eigentlich hätte ich ihn ausknocken müssen, weil Kraft aus meiner Sicht nicht stark ist. Ich habe locker das Potenzial ihn auszuknocken!“
Was hat dir charakterlich nicht an Toni Kraft gefallen?
Leon Bauer: „Er hat meine Mutter im Internet öffentlich als Schlampe beleidigt und hat es auch so geschrieben! Ich bin ein sehr familiärer Mensch und für mich ist meine Familie alles. Ohne meine Familie würde ich aufhören zu boxen. Und sowas zu sagen, weil man ein schlechter Verlierer ist … Bei der Pressekonferenz hat er sein Mundwerk aufgerissen und gesagt, dass ich in der sechsten Runde K.o. gehen würde, weil ich keine Luft und noch nie jemand guten geboxt hätte. Er ist einfach ein Schisser! Außer wegrennen und klammern kam von ihm nicht viel. Solche Kämpfe können mehr kommen, dann komme ich schneller hoch!“
Wird es noch zur „Rache des Bruders“ gegen James Kraft kommen?
Leon Bauer: „Ich war am 28. August 2019 in der Türkei im Urlaub und habe einen Anruf von meinem Vater bekommen. Er sagte: „Wir haben das Angebot von Universum am 9. November gegen James Kraft auf dem Tisch. Alles klar, machen wir. Zwei Stunden später kam der Anruf, dass James Kraft auf einmal verletzt ist und ich gegen den stärkeren Toni Kraft kämpfen soll. Ich sagte, ja, das machen wir. James hatte zweimal die Chance gegen mich zu kämpfen, aber hat zweimal von sich aus abgelehnt. Er sagt auf Instagram und im Fernsehen: ‚Die Schlacht ist verloren, aber nicht der Krieg!‘ Der guckt zu viel Sparta oder irgendwelche Kriegsfilme! Hört auf eure Social-Media-Schiene zu schieben, um eure kleinen Fußsoldaten auf Instagram zu befriedigen, sondern sendet mir ein adäquates Angebot! Und hör auf auf Social-Media zu sagen, dass du gegen mich kämpfen willst, aber dann kein Angebot schickst, weil du nicht gegen mich kämpfen willst! Weil du weißt, dass ich dir von vorne bis hinten den Arsch aufreiße!“
Wie schätzt du den letzten Kampf von James Kraft gegen Karel Horejsek ein?
Leon Bauer: „Zuletzt hat er den Kampf verloren. Auf seiner eigenen Veranstaltung wurde dann eine Split decision für ihn gewertet. Und der Kampf davor war noch peinlicher. Da ist er durch einen Leberhaken runter gegangen, was als Tiefschlag gewertet wurde. Ich habe mich kaputtgelacht. Eigentlich hätte er durch K.o. per Leberhaken verlieren müssen. Ich habe den besseren der Kraft-Brüder geschlagen und jetzt versucht der kleine Bruder auf Rache zu machen.“
Bei einem guten Angebot würdest du den Kampf gegen James Kraft also annehmen?
Leon Bauer: „Natürlich, jederzeit. Aber ich wurde von meinem letzten Kampf noch immer nicht richtig ausbezahlt! Wieso soll ich ein Angebot von etwas Unseriösem annehmen, wenn ich die letzte Börse nicht bezahlt bekommen habe? Das ist weit weg von jeder Seriösität.“
Du meinst das Event der Universum-Box-Promotion am 9. November 2019 in Hamburg?
Leon Bauer: „Ja, am 9. November wurde ich nicht korrekt bezahlt. Es wurde nicht so umgesetzt wie es vorher kommuniziert wurde. Das war unserer Schuld, weil wir uns auf einen Handschlagvertrag eingelassen haben, der so nicht umgesetzt wurde. Ich will hier keine Namen nennen. Die Beteiligten wissen, was abgelaufen ist. Aber der ‚dumme‘ Bauer ist selber schuld, weil er davon ausgeht, dass in einem Business ein Handschlag oder ein Wort etwas zählt. Das hat mich finanziell in eine enorme Schräglage gebracht.“
Das ganze Interview:
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Foto: Marco Baumann
Quelle: Der Boxpodcast