… waren sicher nicht so geplant, wie sie am Samstag stattgefunden haben. Es war schon etwas gewagt, diese Großveranstaltungen zu gleicher Zeit wie den Start der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in die WM abzuhalten. Dazu kam, dass die Veranstaltung in Karlsruhe schon länger geplant war und die in München eigentlich an einem anderen Tag stattfinden sollte. Offenbar wurde dann doch anders entschieden. Trotzdem fanden sich eine große Zahl Boxfans bei beiden Veranstaltungen ein.
Im Karlsruher „Wildpark-Stadion“ fand eine ganze Serie von Titelkämpfen statt. Es ging in der Hauptsache um GBU-Titel. Einige Gürtel waren vakant, bei anderen Kämpfen ging es um eine Titelverteidigung. Von deutscher Seite standen Boxer wie Michael Wallisch, Firat Arslan und Antonio Hoffmann bereit, um diese Titel zu erkämpfen. Auch 2 Frauen-Titelkämpfe standen auf dem Programm. Die extra aus den USA angereiste Weltergewichtlerin Layla McCarter wollte ihre WIBF- und GBU-Titel verteidigen. Sarah Bormann wollte die gleichen Titel im Halbfliegengewicht erkämpfen.
Leider kamen einige der ursprünglichen Kampfansetzungen nicht zustande, weil die deutschen Behörden nicht Willens waren, den Boxern aus Tansania ein Visum zu erteilen. Gleiches Spiel in Malawi, wo es keine deutsche Botschaft gibt und die norwegische Botschaft deutsche Visaangelegenheiten bearbeitet. Trotz Kampfverträgen und Einladungen, Kostenübernahmeerklärungen für die Flüge usw. war Nichts zu machen. Die sicher geglaubten Kampfpaarungen platzten wie Seifenblasen. Lediglich der Boxer aus Kenia bekam problemlos ein Visum. Scheinbar ist es leichter, illegal als Asylsuchender nach Deutschland zu kommen, als das ein Sportler zu einem Wettkampf einreisen darf.
Diese Änderungen bei den Ansetzungen hatten Auswirkungen. Trotz hoher Börsenangebote seitens der Veranstalter war es schwierig, kurzfristig gleichwertigen Ersatz zu finden. Sowohl Firat Arslan als auch Michael Wallisch kamen in den Haúptkämpfen zu Erfolgen in Runde 1. Einen Kampf über volle 12 Runden lieferten sich GBU-Weltmeister Rafael Chiruta aus Spanien und der in Deutschland lebende Angolaner Antonio Hoffmann. Chiruta versuchte ständig, Hoffmann im Infight ins „tiefe Wasser“ zu ziehen. Der war jedoch Herr der Lage und bearbeitete den Spanier mit schnellen Kombinationen. Am Ende hieß es 116:111, 115 :112 und 114:113 für Hoffmann, der nun der neue GBU-Champ im Superweltergewicht ist. Auch in beiden Frauenkämpfen ging es über die Runden. Layla McCarter siegte souverän mit 99:91 und 2x 100:90. Sarah Bormann besiegte ihrer Gegnerin mit 100:86, 99:89 und 100:88 und wurde damit WIBF- und GBU-Doppelweltmeisterin im Halbfliegengewicht. Man hat die Ersatzgegnerinnen dabei besser aussehen lassen, als es vielleicht nötig gewesen wäre.
Die neuen Titelträger werden sich in den nächsten Kämpfen anderen Gegnern stellen müssen. Das ist auch die Meinung von Rainer Gottwald, der in einem Telefonat noch eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung über die Situation Aufklärung gegeben hat. Die Veranstaltung war verhältnismäßig gut besucht, auch wenn der Veranstaltungsort wohl etwas überdimensíoniert wirkte.
Bei der Veranstaltung von Petko`s Boxpromotion gab es keine Probleme bei den Ansetzungen. Hier kam es zu keinen ungeplanten Umbesetzungen. Überraschungen gab es dennoch keine. Unter anderem wurde Serge Michel im Halbschwergewicht internationaler Deutscher Meister. Auch Petkovic-Schützling Vartan Avetisyan kam im Supermittelgewicht zu einem Gürtel. Er bezwang den Argenitier Ruben Acosta mit 115:114 und 2x 115:113 knapp nach Punkten und ist jetzt IBO-Interconti-Champ.
Der wohl bedeutendste Kampf des Events war die WBC-WM im Minimumgewicht der Frauen. Die Augsburgerin Tina Rupprecht lieferte sich mit Yokasta Valle aus Costa Rica ein Gefecht auf Augenhöhe. Die Gegnerin wirkte von der Erscheinung her körperlich größer und stärker. Vor der endgültigen Abwage musste sie noch 1,5 kg abkochen. Rupprecht gewann diesen verbissen geführten und über weite Runden engen Kampf mit 98:95 und 2x 97:94. Nachdem Rupprecht bereits Interim-Weltmeiserin war und die „richtige“ Weltmeisterin ihre Karriere beendet hat, hätte sie auch ohne Kampf auf den Titel switchen können. Aber mit diesem Kampf und Sieg gibt es keinen Zweifel: Tina Rupprecht hat sich den Gürtel selbst verdient und nicht einfach so am grünen Tisch geschenkt bekommen.
Die beiden Hauptkämpfe in Schwergewicht wurden mit Spannung erwartet. In einem Stallduell traten der 33-jährige Francesco Pianeta und der 22-jährige Newcomer Petar Milas gegeneinander an. Jeder, der den Kampf gesehen hat, fragt sich wie die Punktrichter auf das Urteil (99:91, 97:93 und 96:94) gekommen sind. Genau betrachtet, hat Pianeta nicht eine einzige Runde überzeugend gewonnen. Vielleicht wollte man dem ehemaligen WM-Herausforderer einfach nur ein blamables Urteil von 3 mal 90:100 ersparen. Bei Pianeta war einfach kein Biss zu sehen. Obwohl er wieder einmal so etwas wie seine „letzte Chance“ hatte, konnte er diese absolut nicht nutzen. In einem Facebook-Statement sagte Pianeta, dass er jetzt erst einmal etwas Zeit mit seinen Kindern verbringen und zur Ruhe kommen will und dann zusammen mit dem Promoterpaar Alexander Petkovic / Nadine Rasche über seine boxerische Zukunft reden wird. Was auch immer dabei heraus kommt. Für Pianeta ist die Tür zu den oberen Rängen des Schwergewichts unerreichbar.
Als Höhepunkt der Veranstaltung gab es das Schwergewichts-Comeback von Marco Huck zu sehen. Sein Gegner Yakup Saglam unterlag durch Aufgabe der Ecke in Runde 4. Dabei ist zu bemerken, dass Huck wieder einmal mit seinem Holzhacker-Stil zum Erfolg kam. Saglam konnte sich nicht entscheidend gegen die wilden Angriffe Hucks durchsetzen und musste in der 3. Runde nach einem passgenauen Kopftreffer runter. In diesem Moment waren die Weichen für den Kampfausgang gestellt. Nach einem Schlaghagel in Runde 4 zog es Saglam noch einmal zu Boden. In dem Moment kam das Handtuch aus seiner Ecke geflogen und der Kampf war aus. Marco Huck und seine Fans sehen sich nun in der Annahme bestätigt, dass er im Schwergewicht angekommen und gut aufgehoben ist. Huck betrachtet Saglam nur als eine „Durchgangsstation“. Er will Schwergewichtsweltmeister werden. Das kann er vielleicht auf dem Level von Manuel Charr werden. Huck hat sich nach diesem Schwergewichtskampf in der BoxRec-Liste auf #15 einsortiert. Er befindet sich damit in unmittelbarer Nachbarschaft von Christian Hammer (#12) und Alexander Dimitrenko (#16). Sollte er wenigstens einen von Beiden geschlagen haben, kann er sich vielleicht gerne mal an einem Top 10 Boxer des Schwergewichts versuchen. Er wird den Unterschied merken.
Der beste Kampf beider Veranstaltungen ist nicht auszumachen. Vielleicht war es der Frauenfight zwischen Tina Rupprecht und Yokasta Valle in München? Zumindest war es wohl die beste Ansetzung auf Augenhöhe, bei der sich eine deutsche Boxerin eindeutig durchgesetzt und ihren Gürtel verdient hat. Auch der weitere Werdegang von Sarah Bormann wird interessant sein, die in Karlsruhe unter den Augen von Regina Halmich und Susi Kentikian zu Titelehren kam.
Marc Huck sollte sich erstmal auf europäischer Ebene orientieren und etablieren, bevor er die ganz großen internationalen Aufgaben ins Auge fasst.
Mögliche Gegner wären:
Erkan Teper
Tom Schwarz
Dereck Chisora
Michael Wallisch
Johann Dehaupas
Agit Kabayel
Auch könnte sich sein Management mit Petkos Boxpromotion oder einem anderen Boxstall zusammentun, um einen lukrativen Fernsehvertrag mit beispielsweise Sport 1 oder Sky Sport News zu bekommen.
Natürlich wäre auch ein deutsch-deutsches Duell mit Manuel Charr eine interessante Option.