Arthur Abraham vs Robert Stieglitz 4.0 – Das Finale

Es ist endgültig entschieden. Der finale Showdown ist Geschichte. Arthur Abraham hat sich in 4 spannenden Kämpfen mit 3:1 gegen Robert Stieglitz durchgesetzt. Der Berliner besiegte in der 4. Begegnung den Magdeburger vorzeitig. Damit sollte es genug sein. Der WBO-Titel im Supermittelgewicht hat seinen Platz vorerst endgültig beim Sauerland-Team gefunden.

Der Hauptkampf des gestrigen Events im Gerry Weber Stadion in Halle/Westfalen begann in den ersten Runden relativ ausgeglichen. Beide Boxer hatten aus den voran gegangenen Begegnungen gelernt. Abraham boxte von Beginn an variabel und versteckte sich nicht nur hinter seiner massiven Doppeldeckung, wie er es sonst oft zu tun pflegte. Stieglitz kämpfte zumindest etwas weniger hektisch, als man es von ihm kennt. Wenn er bisher in einem Kampf ging, hatte man oft den Eindruck, er wolle gleich Alles mit Brechstange erreichen und verausgabte sich dabei, ohne die gewünschte Wirkung zu erzielen. Der Gegensatz zwischen „mehr schlagen“ und „präziser treffen“ schien sich unterm Strich beinahe aufzuheben, ohne dass einer der Beiden dabei über seinen Schatten sprang.

Was wieder fehlte bei Stieglitz, waren Schläge in Nahdistanz. Er führte seine Angriffe aus der Ferne und ging dann an Abraham ran um dessen mögliche Gegenaktionen zu unterbinden. Das leider ohne dabei selbst noch aktiv genug zu sein. In so mancher Situation hätte er mit einem Aufwärtshaken punkten können. Genau das tat er aber nicht. So stellten sich zumindest die ersten Runden dar. Der Kampf war noch völlig offen, wenn es denn über die vollen Runden gegangen wäre.

Doch es sollte anders kommen. Arthur Abraham gab in einer Ringpause an, er habe eine Verletzung erlitten. Ein Zahn sei gebrochen. Das interessierte Trainer Wegner natürlich erst einmal rein äußerlich wenig. Zumindest stieg er nicht darauf ein, sondern bügelte das mit der Bemerkung: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit!“ ab. Man weiß nicht genau, was diese Verletzung bei Abraham bewirkte. Auf jeden Fall Schmerzen. Vielleicht hat das aber auch bei ihm die Befürchtung genährt, dass es schlimmer wird und er womöglich verletzt aussteigen muss. Das wollte er gewiss nicht riskieren.

In Runde 6 kam dann die Entscheidung, die Abraham zum Sieger machen sollte. Er startete eine Schlagserie und kam mehrmals nacheinander mit seinen Treffern an Stieglitz Kopf und Körper durch. Der letzte Schlag mit seiner Rechten traf den Magdeburger voll am Kopf und, wie man so „schön“ sagt: Bei Stieglitz ging das Licht aus. Er kam mit größter Mühe auf die Beine und Ringrichter Brown wollte den Kampf noch einmal frei geben. Stieglitz Trainer Dirk Dzemski hob allerdings schon während des Anzählens das Handtuch über sie Ringseile. Er hatte genug gesehen und war sich sicher, dass Stieglitz nicht mehr kampffähig ist. Eine verantwortungsvolle Entscheidung, auch wenn es dem SES Team weh tat. Was das zu erwartende Nachsetzen Abrahams bewirkt hätte, sollte klar sein: Noch 2 oder 3 vernichtende Schläge und womöglich schwere Verletzungen bei Stieglitz. Das musste nun wirklich nicht mehr sein. Der Kampf war entschieden. Game over.

Was in den letzten Fights zwischen Chagaev und Pianeta, Teper und Price und nun bei Abraham vs Stieglitz auffiel: Kampfentscheidend ist einerseits natürlich das boxerische Können, aber auch der absolute Willen und die mentale Stärke. Bei einer passenden Gelegenheit starke Nerven behalten, alles auf eine Karte setzen und voll durchziehen. Nach diesem Rezept boxte schon Mike Tyson in seiner besten Zeit und hatte Erfolg damit. Das dieses Rezept immer noch gut ist, zeigen die Siege von Chagaev, Teper und jetzt auch wieder von Abraham.

Spekulationen, wie es nun mit Stieglitz und Abraham weiter geht, gab es natürlich gleich nach dem Kampf. Robert Stieglitz gab erst einmal keinen Kommentar weiter ab, ob er weiter boxen oder seine Handschuhe an den Nagel hängen wird. Auch wenn einige überkritische Boxfans anderer Meinung sind: Stieglitz boxt auf einem für hiesige Verhältnisse hohem Level und kann gewiss noch viele gute und sehenswerte Fights bieten, auch wenn es dabei nicht immer wieder nur gegen Abraham und um den WBO-Titel geht. Es gibt auch gutes Boxen, wenn sich dabei interessante Gegner im Ring gegenüber stehen und die Fights technisch sehenswert sind. Ein spektakuläres Ende eines Fights ist immer drin, auch mit Robert Stieglitz als Sieger. War da nicht auch ein Rematch gegen Felix Sturm offen?

Was WBO-Camp Abraham betrifft: Es fielen die Namen Ward und Dirrell als mögliche zukünftige Gegner. Abraham hat bisher 4 Kämpfe verloren. Gegen Stieglitz hat er für klare Verhältnisse gesorgt. Gegen Froch zu kämpfen, wird wegen dessen Karriereende nicht mehr möglich sein. Das hätte auch mit veränderter Kampftaktik Abrahams wenig Sinn gehabt. Andrè Ward als Gegner zu wollen, sollte man sich bei Sauerland genau überlegen. Das geht auf jeden Fall schief. So sagt es jedenfalls das Gefühl. Bleibt als möglicher „aufzuarbeitender“ Gegner Dirrell, gegen den Abraham nach Punkten hinten liegend in Runde 11 disqualifiziert wurde. Abraham boxte damals noch einen anderen Stil. Wie ein Kampf zwischen Abraham und Dirrell heute ausgehen würde, wäre gewiss interessant zu sehen.

von Johannes Passehl

Foto picture alliance

7 Gedanken zu “Arthur Abraham vs Robert Stieglitz 4.0 – Das Finale

  1. Falls Groves verlieren sollte (wovon ich nicht ausgehe), könnte er Jack boxen – oder eben den Gewinner aus Sturm vs Chudinov II (TV)

    Ich traue Arthur definitiv eine Titelvereinigung zu!

    Golovkin muss sich langsam entscheiden, ob es nicht besser wäre, im Supermittel auf Gürteljagd zu gehen!

    Im MW bekommt Loeffler ja nichts gebacken..

  2. Der Kampf gegen Ward wird wahrscheinlich nicht machbar sein.Da er nur in den Staaten boxt und für den das finanzielle stimmen musst.Aber wenn könnte man ja auf neutralen Boden einigen.In London oder so.
    Die Chancen gegen Ward beziffer als geringer ein zu gewinnen.Es sei denn Ward ist durch mangelnde Kämpfe eingerostet.Direll ist durchhaus machbar sollte Direll den Mut haben.Aber Direll wird kneifen gegen Abraham zu kämpfen.Direll hatte geführt damals war aber auch Platt.Durch Abrahams Dummheit kams zur Disqualifikation.Aber wäre durchhaus möglich gewesen damals das Direll noch ko gegangen wäre da Abraham am Drücken war.Heute würde ich Abraham als Favorit im Duell mit Direll sehen.Da dieser mental nicht mehr derselbe ist.Tippe auf knockout sieg abrahams gegen direll. Abraham hat sich seit dem Supersix verändert.Auch teils boxerisch.Vor allem hat er die umstellung besser geschafft von Mittel auf Supermittel.Das Supersix turnier kam viel zu früh für Abraham.Dennoch er hat sich gestellt demnach kann man ihn ja nichts nachsagen.Gegen GGG wäre eine interessante Ansetzung.Durchhaus möglich das Abraham auch Chancen hat.Da er ne gute defensive hat.Gleichzeitig aber auch im Vorteil hat die Umstellung geschafft zu haben ins Supermittelgewicht.Der Wechsel ins Supermittel könnte GGG seine schlagkraft berauben oder nicht mehr so zur geltung bringen weil die Gegner in dieser Klasse auch härter schlagen.In der Hinsicht birgt bei GGG Umstellungsgefahr.Ist ja nie gesagt das Gewichtsklassenumstellungsprobleme alleine nur Abraham erwischen könnten.Er hat sich gewandelt etwas im Laufe der Jahre.Denke die Niederlagen und das tiefe Tal das er durchschritt hatten ihn reifen lassen.Und die Namen abgesehen von Stieglitz gegen denen er verloren hatte sind ja keine Fakeboxer. Abraham gegen Sturm.Wenn der Fight kommt dann denke ich durchhaus das Abraham per ko siegt.Denn Sturms Deckung ist in der Mitte offen wie Stieglitz.Der Unterschied Abraham schlägt wesentlich härter.Aber wäre schön wenn es nochmal richtige Gegner kommen die Abraham schon lange will.

  3. Guter Kampf und toller Sieg von Arthur, den ich ihm so nicht mehr zugetraut hätte. Woran lag es? Am meisten wohl daran, dass er von Anfang an mehr die Fäuste hat fliegen lassen als sonst, nicht so lethargisch geboxt hat. Dadurch kam er schneller in den Kampf, hat seine Rechte früher gebracht als sonst. Und dann die Kieferverletzung … ich bin mir sicher, dass das ihm „gut getan“ (nicht falsch verstehen) hat, ihm einen zusätzlichen Motivationsschub verpasst hat, die Sache schnell zu beenden. AA braucht schwere Herausforderungen, er braucht das Drama. Der KO-Schlag war perfekt in die Attacke Stieglitz‘ getimt, einer der besten Knockouts des Jahres bisher.

    Klar, in der Fantasie eines Boxfans muss man nicht lange nach Wunschgegnern suchen. Der Sieger aus Groves/Badou Jack wäre perfekt (und in dieser Form vll. auch schlagbar), auch DeGale natürlich oder Ramirez-Sanchez. GGG wäre ein Traumfight und ein echtes Wagnis. Leider wird es dazu nicht kommen, RTL und Sturm wollen Arthurs (und Felix‘) Rentenkasse noch ein bisschen aufbessern.

  4. Guter Kampf und klarer Sieg von Abraham!
    Das der auch im Supermittel durch Ko siegen kann war mir immer klar,er wirkte in seinen letzten Kämpfen immer eher so als wolle er die Kämpfe ohne großes Risiko nach Hause schaukeln.
    Ist wohl eine Einstellungssache!?

    Jetzt müssen halt größere Namen folgen!

  5. Das war der alte Arthur und wie fettundmuskeln schon schrieb, die Kieferverletzung der notwendige Motivationsschub, schnell fertig zu werden.
    Entgegen des Berichtes sah ich den Kampf nie ausgeglichen. Ich hatte Arthur in allen Runden vorne, da er die besseren und klareren Treffer hatte.
    Was eben seines aktiveren boxens geschuldet war.

    Ein Direll sehe ich als durchaus machbar an. Einem Sturm räume ich nur krasse Außenseiterchancen ein.
    GGG ist sicher sehr interessant. Hier hätte Arthur aber nur Aussenseiterchancen. Aber wenn der Kiefer wieder was abbekommen sollte, dann ist alles möglich 😉

  6. Guter Kampf und schöner Sieg von Abraham!

    Allerdings hatte ich, seit AA ins SMG aufgestiegen ist immer das Gefühl, dass er, mehr denn je dazu neigt, sich auf guten Leistungen auszuruhen und dann im nächsten oder übernächsten Kampf schon wieder zu enttäuschen. Hoffen wir mal, dass er am Ball bleibt…

    Mein persönlicher Wunschgegner und obendrein sicher eine sehr gute Standortbestimmung für AA wäre Groves!
    Ein Sieg gegen Groves würde zeigen, dass AA auch im SMG ganz vorne mitmischen kann, eine Niederlage würde dagegen bestätigen, dass AA eben nur noch auf Deutschland-Niveau mitreden kann…

    Hätte bis vor dem Kampf Groves als klaren Favoriten gegen Abraham gesehen, nach der guten Leistung am Sa würde ich die Chancen dagegen mindestens 50 / 50 oder sogar mit leichten Vorteilen für AA sehen.

    Leider bezweifle ich sehr stark, dass es zu dieser Ansetzung kommen wird.

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